Produzentin Regina Ziegler für ihr Lebenswerk geehrt

Der diesjährige Carl-Laemmle-Produzentenpreis ging an die Filmproduzentin Regina Ziegler für ihr Lebenswerk, das soeben erst durch den Zweiteiler »Gladbeck« ein weiteres beachtenswertes Mosaiksteinchen dazu erhielt. Im Jahr 2013 war Regina Ziegler zu Gast bei Dokville dem Branchentreff Dokumentarfilm, den das Haus des Dokumentarfilms in diesem Jahr am 28. und 29. Juni, ausrichten wird. Wir gratulieren Regina Ziegler und lassen ihr zur Ehre die Geehrte selbst zu Wort kommen: Mit Zitaten aus ihrem damaligen Dokville-Auftritt, die an Brisanz und Aktualität nichts eingebüßt haben.

 

Regina Ziegler bei Dokville (Archivbild von 2013) © Haus des Dokumentarfilms
Regina Ziegler bei Dokville (Archivbild von 2013) © Haus des Dokumentarfilms

Acht Besucher in zwei Wochen…

»Ich fand den Dokumentarfilm immer sehr, sehr wichtig und ich habe auch versucht, bei Ziegler Film eine Dokumentarfilmabteilung aufzubauen, die wir dann aber nicht kontinuierlich beibehalten konnten, weil die Auftragslage oder die Möglichkeit, die Finanzierung der Dokumentarfilme zu gewährleisten, sich doch nicht in dieser Kontinuität dargestellt hat. „Abschied von den Fröschen“ ist ein Dokumentarfilm, den ich mit Ulrike Schamoni gemacht habe. Der sollte eigentlich auch im Kino laufen, und ist dann in fünf Kinos gekommen, und ich muss ganz ehrlich sagen, um den ein bisschen auch in Berlin, wo wir wirklich sehr viel Ankündigungen hatten und sehr viel Werbung gemacht haben, haben wir ihn in unserem Kino „Filmkunst 66“zwei Wochen laufen lassen und hatten acht Besucher. Also ich meine, das sind dann die großen Probleme. Wie kriegt man den Dokumentarfilm ins Kino? Vielleicht muss man da auch Aktionen andenken, die vielleicht ein bisschen mehr bringen, dass man auch versucht über die Schulen das zu machen. Das haben wir auch schon angedacht.«


Diese Zitate stammen aus einem Interview, das die international erfolgreiche Produzentin Regina Ziegler (Ziegler-Film) bei Dokville 2013 Manfred Hattendorf gab. Das im Text erwähnte Filmporträt über Ulrich Schamoni »Abschied von den Fröschen« ist gemeinsam mit Ulrich Schamonis Film »Chapeau Claque« 2014 auf DVD erschienen.

Wir müssen rackern, um wieder in die Gänge zu kommen

»Wenn wir Dokumentarfilme machen wollen, versuchen wir überhaupt erst mal abzuklären, wie man die finanzieren kann. Du kannst als Produzent ja auch nur, das machen wir ja auch bei unseren Spielproduktionen so, eine bestimmte Investition tätigen. Das liegt auch in der Situation, dass nicht nur der Dokumentarfilm, sondern der Fernsehfilm an sich, der Kinofilm an sich, im Augenblick in eine Situation gekommen ist, dass alle Redakteure sagen, es ist viel zu viel produziert worden in den letzten Jahren, es gibt zu viele Produzenten, man muss das wieder auf ein Maß bringen. Und wenn Sie über Dokumentarfilme sprechen, dann ist es ja in der ARD so, dass es dort verschiedene Gruppen gibt, die in verschiedenen Schritten entscheiden, ob sie sich überhaupt an einem Dokumentarfilm beteiligen wollen. Da ist ja die Schwierigkeit einen Dokumentarfilm zu finanzieren noch viel größer, als wenn man eine Ko-Produktion mit einem Sender und irgendwelchen ausländischen Ko-Produzenten macht. Ich glaube, die schwierige Situation, in der wir uns befinden, trifft auf alle Genres zu. Auf alle Filmarten, die wir in Deutschland herstellen. Dass wir im Moment bisschen in einem Loch sitzen, wo man ganz schön rackern muss, um wieder in die Gänge zu kommen.«

Aber er ist seinen Weg gegangen!

»In „Abschied von den Fröschen“ haben wir ungefähr 450.000 Mark ausgegeben. Da ist eigenes Ziegler-Geld drin, was, wie wir jetzt auch wissen, eher nicht zurückkommt. Aber diesen Film wollte ich machen. Ich wollte Uli Schamoni mit seiner Tochter ein Denkmal setzen. Weil ich fand das ist ein unglaublich wunderbarer Filmemacher war, der seinen Weg gegangen ist. Der sich nie angepasst hat. Der einfach gesagt hat, ich lass mich nicht verbiegen sondern ich mach das. Dann, als er merkte, er konnte keine Filme mehr machen, hat er Radio gemacht, da war er auch sehr erfolgreich. Und als das mit dem Radio schwierig wurde, weil das dann von Herrn Kirch gekauft wurde, hat er Fernsehen gemacht und dann ist er auch leider sehr früh gestorben. Aber er ist seinen Weg gegangen. Und ich finde, das ist das was ich für mich weiß und was man auch sagen kann, wenn man über Regina Ziegler oder Ziegler-Film spricht. Man kann das so oder so machen, aber keiner kann sagen, die haben sich verbiegen lassen. Wir sind immer unseren Weg gegangen und das werden wir auch tun weiterhin.«

»Machense wat se wollen«, hat er gesagt

»Als Uli wusste, dass er so schwer krank ist, dass er eigentlich kein Projekt mehr machen konnte, hat sich eben sein eigenes Projekt gebastelt. In diesem Haus, was Sie da gesehen haben, hat er Videokameras installiert auch welche, die also wasserschutzfest waren. Die also auch bei Regen und Schnee draußen standen konnten. Und es gibt ganz wunderbare Geschichten, die er aufgenommen hat. Zum Beispiel wurde sein Nachbarhaus in dieser Zeit abgerissen und neu erbaut. Und es hat unheimlich viel Krach gemacht. Und die Ulrike hat dieses Material – von ihm gedreht – , 170 Stunden, unbearbeitet, ungeschnitten, und es hat sich keiner so richtig herangetraut. Und ich dachte immer, hoffentlich kommt Ulrike mal auf die Idee, sich das ganze Material anzugucken. Ich habe das auch mal ein bisschen versucht, bei ihr anzusprechen. Und dann war es so weit. Und dann hat sie jahrelang dran gearbeitet, diese 170 Stunden zu sichten. Sie hat mit ihrer Cutterin zweieinhalb Jahre dran gearbeitet. Und es sind ganz verschiedene Fassungen entstanden und man hat einfach gemerkt, wie intensiv Ulrich Schamoni von der Nachricht an, dass sein Leben nicht mehr so planbar war, alles auf eine Karte setzte. Er hat mir immer von seinen Unterhaltungen mit seinem Professor erzählt. Als Uli von seiner Krankheit erfuhr, fragte er den Arzt, was er noch machen kann. Der hat gesagt: „Machense wat se wollen. Rauchen Sie, trinken Sie, verreisen Sie, genießen Sie das Leben, so lange Sie können.“ Ab dem Moment wurden die ganzen Videokameras gekauft und installiert. Und wir verfolgen eigentlich bis kurz vor seinem Tod – er ist am 9. März 1998 gestorben –  dass er fast bis zu seinem Tod eben noch seine Dokumentation machen konnte.«