Berlinale Dokumentarfilmpreis: „Nous“ von Alice Diop

Gestern Abend wurde im Freiluftkino Museumsinsel auch der diesjährige Berlinale Dokumentarfilmpreis vergeben. Damit ausgezeichnet wurde der französische Film „Nous“ von Alice Diop, der das Leben in den Pariser Vorstädten einfängt.

Poetisches Porträt einer Stadt

Regisseurin Alice Diop und Produzentin Sophie Salbot teilen sich das Preisgeld in Höhe von 40.000 Euro, das vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) gestiftet wird. rbb-Intendantin Patricia Schlesinger: „Ich gratuliere Regisseurin Alice Diop herzlich zum Gewinn des Dokumentarfilmpreises der diesjährigen Berlinale. Ihr Film ‘Nous’ ist ein besonderes Werk, das vor dem Hintergrund der Schnellbahnstrecke RER B ein ebenso ungeschöntes wie poetisches Bild von Paris und seinen Außenbezirken einfängt. Die Kleinteiligkeit seiner Geschichten und Impressionen spiegelt eindrücklich eine zersplitterte Gesellschaft. Klug, bilderstark, emotional – ein filmisch überzeugender Kommentar auf die Gegenwart und ein unbedingt sehenswerter Film. Filme wie ‘Nous’ sind eine vitale Bestätigung für unser Engagement für den Dokumentarfilmpreis. Es freut mich besonders, dass wir als Preisstifter des Dokumentarfilmpreises diese wichtige Filmform aktiv fördern.“

Berlinale 2021, Encounters: Filmstill aus "Nous" © Sarah Blum
Filmstill aus “Nous” © Sarah Blum

„Nous“: Erkundung der conditio humana

Die dreiköpfige Jury, bestehend aus der argentinischen Regisseurin, Produzentin und Drehbuchautorin Albertina Carri, dem syrischen Produzenten und Leiter der IDFA Orwa Nyrabia und der deutsch-amerikanischen Regisseurin und Sängerin Janna Ji Wonders begründete ihre Entscheidung so: „Das feministische Prinzip, autobiografisch zu schreiben, auch wenn es schmerzhaft ist, hat in diesem Film seinen Einsatz verdoppelt. Aus dem ‘Ich’ wird ein ‘Wir’ und das ‘Wir’ wird zu einem gedämpften ‘Ich’, das mit der Kadenz der Ungewissheit das gesamte Gebiet erkundet. Aufgrund von Alice Diops Neugier auf die conditio humana und ihrer durchdachten Sprache (oder: der Durchdachtheit in der Sprache) hat die Jury einstimmig beschlossen, ihr den Berlinale Dokumentarfilmpreis für ihren Film ‘Nous’ zu verleihen.“ Der Film war im März auch schon von der Jury der Sektion Encounters ausgezeichnet worden.

Lobende Erwähnung für Dokumentarfilm über israelische Besatzungspolitik

Die Jury vergab eine „Lobende Erwähnung“ an Avi Mograbi für „The first 54 Years – An Abbreviated Manual for Military Occupation“, eine internationale Koproduktion, an der Produktionsfirmen aus Frankreich, Finnland, Israel und Deutschland beteiligt waren. Der Regisseur geht dabei hart ins Gericht mit der israelischen Besatzungspolitik im Westjordanland und dem Gazastreifen. Im Zentrum steht dabei das Handbuch der israelischen Armee für militärische Operationen.

Berlinale 2021, Forum: Filmstill aus "The First 54 Years" © Avi Mograbi
Filmstill aus “The First 54 Years” © Avi Mograbi
Berlinale 2021, Forum: Filmstill aus "The First 54 Years" © Avi Mograbi
Filmstill aus “The First 54 Years” © Avi Mograbi

Der Berlinale Dokumentarfilmpreis wurde 2017 ins Leben gerufen. In diesem Jahr wurden erst jetzt die Nominierungen von 16 Dokumentarfilmen aus den Sektionen Internationaler Wettbewerb, Berlinale Special, Encounters, Panorama, Forum, Generation und Perspektive Deutsches Kino für den Berlinale Dokumentarfilmpreis bekannt gegeben.