„Mitgefühl“: Dokumentarfilm über Würde in der Pflege

Der Dokumentarfilm „Mitgefühl“ startet am 23. September 2021 in den deutschen Kinos. Regisseurin Louise Detlefsen schildert darin das Leben in einem dänischen Pflegeheim, das Menschen mit Demenz empathisch und fürsorglich begleitet. „Den hier, den hier, den hier, den hier, …“: Eine Frau strickt und das mit viel Konzentration und Ruhe – während die Kamera mitten im roten Strickgut verschwindet. Es ist eine alte Dame mit ansprechend lackierten, gepflegten Fingernägeln, die hier handarbeitet, während eine Pflegerin sich mit ihr auf Augenhöhe unterhält: über das Stricken und über die Mutter der dementiell erkrankten Frau. Diese ist, der betagten Frau zufolge, genauso alt wie sie selbst, aber „fit wie ein Turnschuh“. Einträchtig und nah sitzen die beiden Gesprächspartnerinnen bei ihrem Austausch zusammen.

Leben und Sterben mit Demenz

Schön in der Natur liegt das Pflegeheim Dagmarsminde in Dänemark, in dem demenzkranke Menschen wie in einer großen WG zusammenleben. Ein Hund ist mit dabei, Hühner, Katzen – und auch der Tod klopft immer wieder an. Wenn jemand auf die letzte Reise geht, stoßen die Bewohner:innen auf die verstorbene Person an. Auch einen Sterbeprozess begleitet der Dokumentarfilm „Mitgefühl“ unaufgeregt und trotzdem eindrücklich. Um Abschiede geht es also, die nicht leicht sind, aber auch um neue Ankünfte.

Zwei Seniorinnen stoßen im Altenheim an in Doku Mitgefühl

Als das an Demenz erkrankte Paar Vibeke und Thorkild einzieht, besprechen sich die Pflegerinnen, wie ihnen der Start ins neue Zuhause am besten gelingen kann – immer vor dem Hintergrund der Lebenswelt der beiden. Vor allem Thorkild hat noch kein Bewusstsein für seine Erkrankung und deshalb immer wieder mit Wutanfällen zu kämpfen, wenn er die Kontrolle verliert. Mitfühlend gehen die Pflegekräfte auf diese und ähnliche Situationen ein. Auf den Einzug wird – wieder einmal – angestoßen, so wie später auf den 63. Hochzeitstag des Ehepaares.

Auch die Angehörigen werden aktiv eingebunden und beispielsweise über Medikamentengaben informiert, die anders als in vielen herkömmlichen Einrichtungen sehr reduziert eingesetzt werden.

Langzeitpflege, die würdevoll und mitfühlend ist

In Seminaren klärt die Leiterin des Pflegeheims May Bjerre Eiby über ihr Langzeitkonzept für Demenzerkrankte auf. Sie baute eine alte Tischlerei zu einem Pflegeheim um. Die dort lebenden Menschen sind nicht reich. Dem Heim stehen auch nicht mehr Mittel zur Verfügung als anderen, aber einzigartig ist das Konzept des Mitgefühls als Behandlungsmethode. „Es geht darum, ihnen Hoffnung zu geben,“ sagt May Bierre Eiby darüber. Und da ist neben der Hoffnung auch Humor, zum Beispiel beim gemeinsamen Frühstück, als eine Bewohnerin darüber spricht, dass ihre Hose platzen werde, wenn sie zu viel esse.

Filmstill Mitgefühl erschöpfter Senior im Pflegeheim auf seinem Sessel

Nicht nur schöne Seiten

Aber im Film geht es natürlich auch um Schwäche, Verwirrung, Trauer, die innere Unruhe, den Kampf mit der Krankheit und sogar eine gewaltvolle Situation von Seiten eines Bewohners gegenüber einer Mitbewohnerin. Hier wird klar: Trotz des gelungenen Konzepts ist das Pflegeheim auch kein Bullerbü für dementiell Erkrankte, sondern das ganz normale Leben.

Dokumentarfilm stimmt nachdenklich

Filmplakat zu Doku Der Dokumentarfilm „Mitgefühl“ begleitet den Alltag im Pflegeheim mit all seinen Facetten. Die Regisseurin Louise Detlefsen geht dabei leise vor, behutsam. Musik wird nur sparsam eingesetzt. Naturbilder aus der Umgebung der Einrichtung untermalen die Stimmung des Films.

Am Ende sitzen die Bewohner:innen und Pflegenden an einem Lagerfeuer und während knisternd kleine Funken sprühen, wird man beim Zuschauen nachdenklich, wie aus dem einst so lodernden Leben Zeiten der Innerlichkeit und des Abschieds werden – jedoch ohne den Humor, die Würde und die Lebensfreude aus den Augen zu verlieren. Das zeigt der Dokumentarfilm auf seine ganz eigene, achtsame Weise, auch wenn der Blick hinter die Kulissen manchmal fehlen mag.

Über den Dokumentarfilm

„Mitgefühl“ ist eine dänisch-deutsche Koproduktion von Hansen og Pedersen (Kopenhagen) und Neue Celluloid Fabrik (Leipzig) mit Unterstützung durch die Mitteldeutsche Medienförderung (MDM), das Dänische Filminstitut, Eurimages und den Nordisk Film & TV Fond in Kooperation mit TV2 Danmark, SVT, RUV und VGTV. Der Film wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) mit dem Prädikat „Besonders wertvoll“ ausgezeichnet.

https://www.youtube.com/watch?v=PyAJfGWMd0s&t=1s

Regie: Louise Detlefsen Mit: May Bjerre Eiby, Lotte Nørreslet und Inge & Jørgen, Vibeke & Thorkild, Grethe, Birthe u. v. m. Produktion: Dänemark, Deutschland 2021 Lauflänge: 96 Minuten Kinostart: 23. September 2021