»Der unaufhaltsame Aufstieg von Amazon«

Alexa, sag’ mir, wann Amazon die Welt beherrschen wird: Gibt es einen Mittelweg zwischen Amazon-Totalverweigerung und einer Prime-Mitgliedschaft für die ganze Familie? Der Filmemacher David Carr-Brown analysiert für seinen Dokumentarfilm »Der unaufhaltsame Aufstieg von Amazon« (bei Arte bis 17. Dezember 2018 in der Mediathek), wie der Onlinehändler zum Global Player wurde und was das für Folgen hat. Fans und Zweifler kommen zu Wort und natürlich Amazon-Boss Jeff Bezos. In der Analyse, woher alles kam, liefert der Film saubere Fakten; In der Prognose, wohin das alles führt, bleibt er vage. »Darauf habe ich leider keine Antwort«, würde Alexa sagen…

Amazons Geschäftsmodell seit seiner Gründung in den frühen neunziger Jahren basiert auf einer verrückten Strategie, die wohl nur im Mekka des Kapitalismus erfunden werden konnte, an der Wall Street: Beim Geschäft kommt es nur darauf an, den Umsatz zu steigern. Der Gewinn wird sofort komplett wieder reinvestiert, um den Service zu verbessern, um noch mehr Kunden zu gewinnen und die Preise niedrig zu halten. Das Ziel ist es also nicht, Gewinn anzuhäufen, sondern die Wettbewerber in die Knie zu zwingen – und damit marktbestimmend zu werden.


Der unaufhaltsamen Aufstieg von Amazon (Arte-Mediathek)

(Video laut Sender abrufbar bis 17. Dezember 2018)

Damit hat es Amazon geschafft, zu einem Global Player in der vom Internet getriebenen Industrie zu werden. Der weltweit größte Onlinehändler ist so mächtig wie ganze Staaten und sein Gründer Jeff Bezos ist der reichste Mensch der Welt. »Bei uns ist immer Tag eins, denn Tag zwei ist unerträglicher Stillstand und Niedergang«, sagt Bezos. Der Knallhart-Kapitalist zeigt sich auf anderen Gebieten gerne als Philanthrop. Er rettet eine strauchelnde Zeitung wie die Washington Post und bringt trudelnde Zukunftsunternehmen wie die Raumfahrtfirma Blue Origin auf Kurs. Im Clinch mit Donald Trump kommt er manchmal sogar als der Retter des freien Welthandels herüber. Fast nebenbei, aber doch mit aller kapitalistischen Gewalt, hat Bezos die Märkte erobert.

Obwohl die internationale Koproduktion, an der sich von deutscher Seite der rbb und Arte beteiligt haben, fast 90 Minuten Zeit nimmt, reichen die gerade mal, um den Aufstieg des Onlinehändlers vom elektronischen Buchlieferanten zum weltweit agierenden Warenhaus für alle Waren der Welt nachzuzeichnen. Die eigentliche Macht des Riesen, die auf Künstlicher Intelligenz (Algorithmen), Geräten (Alexa & Co.), Dienstleistungen (bereits 100 Millionen Prime-Mitglieder) und modernen Handelsstraßen (die Cloud-Server der eigenen Amazon-Infrastruktur) basiert, skizziert der Film im letzten Drittel in großer Eile.

Kommt der »unaufhaltsame Aufstieg« zu einem Ende? Da reicht es so kurz vor Schluss leider nur zu einem Blick auf die chinesische Mauer, wo durch Jack Ma und dessen China-Klon Alibaba der unaufhaltsame Amazon-Aufstieg ins Stocken zu geraten droht. Oder werden es Handelsregulierungen sein, wie es die EU mit der DSGVO bereits begonnen hat, die Bezos an »Tag zwei« aufwachen lassen? Oder ist der Bremser gar jener Donald Trump (der im Film nicht erwähnt wird), der Amerika bekanntlich auch dort wieder groß machen will, wo die Wallmarts des alten Amerika längst aufgegeben haben? Diese Fragen bleiben ungelöst und vermutlich hat auch Alexa, die Amazon-Smartplaudertasche, darauf keine Antwort.