Visual TV- und Mediathekentipps "Für mehr Menschlichkeit" © pixabay

TV- & Mediatheken-Tipps – Für mehr Menschlichkeit

Ausgrenzung, Rassismus, Ableismus. Probleme, denen oft ein tief verankerter Hass gegen Andersartigkeit zugrunde liegt. Die TV- & Mediatheken-Tipps bis 13.4.2022 begeben sich auf die Suche nach den Wurzeln des Übels, zeigen aber auch, wie es anders gehen könnte.

Warum wir hassen

Mittwoch, den 6. April 2022

3sat, 21 Uhr, „Hass im Netz. Unterwegs mit Strafverfolgern“

Im nur vermeintlich rechtsfreien digitalen Raum lassen etliche Menschen die Masken fallen und zeigen ihr wahres Gesicht. Sie beschimpfen Personen des öffentlichen Lebens, stellen den „nervigen“ Nachbarn an den digitalen Pranger, zündeln so lange, bis das Feuer ganze Institutionen, Unternehmen oder Medienhäuser mit Flammen überzieht und teilweise niederbrennt. Grimme-Preisträger Klaus Scherer greift das Thema Hasskriminalität im Internet auf. Für seinen Dokumentarfilm „Hass im Netz. Unterwegs mit Strafverfolgern“ war er ein Jahr lang mit Strafverfolgern in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen unterwegs, nahm Einblicke in verdeckte Online-Ermittlungen des Verfassungsschutzes und sprach mit Beschuldigten und Tätern.

In der ARD Mediathek verfügbar bis 13.12.2022.

Donnerstag, den 7. April 2022

Filmstill aus "Die Macht der Vorurteile" © ZDF/Denise Dismer3sat, 20:15 Uhr, „Die Macht der Vorurteile. Rassismus bewusst verlernen!“

Rassistische Denkmuster werden, wie andere Verhaltensmuster auch, über Generationen hinweg weitergegeben. Mainstream-Rollenbilder in Schule, Medien, Internet verstärken die strukturellen Probleme und verankern sie als gesamtgesellschaftliches Phänomen – selbst im vermeintlich offenen, bunten und toleranten Deutschland. Denise Dismer und John A. Kantara fragen: „Wenn wir uns der Vorurteile bewusstwerden, kann es gelingen, ihre Macht zu brechen und Rassismus zu ‚verlernen‘?“

Die Dokumentation läuft im Rahmen von „WissenHoch2“. Nach Ausstrahlung diskutiert Gert Scobel ab 21 Uhr das Thema „Streitkultur zwischen Zensur und Pluralismus“.

In der ZDF Mediathek verfügbar bis 31.12.2024. (Länderbeschränkung Deutschland, Österreich, Schweiz)

Online

„Rassismus – Die Geschichte eines Wahns“

Ergänzend zur 3sat Doku „Die Macht der Vorurteile“ ist „Rassismus – Die Geschichte eines Wahns“ zu empfehlen. Marius Jung spürt darin der Frage nach, wie aus Vorurteilen Rassismus wird und wie er das persönliche und kollektive Bewusstsein prägt.

In der ZDF Mediathek verfügbar bis 24.8.2024.

„Hoyerswerda ’91: Eine Stadt, die Gewalt und ihre Aufarbeitung“

Die rassistischen Übergriffe 1991 in Hoyerswerda, bei denen ein radikaler Mob von der Polizei weitgehend unbehelligt ein Wohnheim für Vertragsarbeiter sowie ein Flüchtlingswohnheim angriff, gehören zu den dunkelsten Stunden der sächsischen Geschichte. Auf die fremdenfeindlichen Angriffe folgten weitere rechtsradikale Anschläge und Überfälle im gesamten Bundesgebiet. Die MDR Dokumentation „Hoyerswerda ’91: Eine Stadt, die Gewalt und ihre Aufarbeitung“ fragt nach den Ursprüngen dieser stumpfen und menschenverachtenden Ausschreitungen, aber auch danach, wie die Stadt und ihre Bewohner heute mit der Schuld umgehen.

In der ARD Mediathek verfügbar bis 21.09.2022.

„Als wir Tyrannen waren“

Der dokumentarische Kurzfilm „Als wir Tyrannen waren“ („When We Were Bullies“) von Jay Rosenblatt war für den Oscar 2022 in der Kategorie „Documentary Short“ nominiert. Er dreht sich um Mobbing an der Schule, das Machtverhältnis zwischen Tätern und Opfern und die Auswirkungen derartiger Vorfälle auf das Leben aller Beteiligten.

In der Arte Mediathek verfügbar bis 5.6.2025.

Rassismus damals und heute

Dienstag, den 5. April 2022

Filmstill aus "Die Wilden" © Groupe de recherche AchacArte, 20:15 Uhr, „‚Die Wilden‘ in den Menschenzoos“

Teilweise noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurden Menschen aus fremden Ländern als „primitive Wilde“ wie in einem Zoo zur Schau gestellt und in Szene gesetzt. Sogenannte Welt- oder Kolonialausstellungen boten ebenso den Rahmen dafür wie „Zirkus-Attraktionen“ oder ganze nachgebaute Dörfer. Der Dokumentarfilm zeigt mithilfe von bisher unveröffentlichtem Archivmaterial das Phänomen der Völkerschauen in ihrem historischen Kontext (u. a. Aufstreben und Entwicklung von Kolonialstaaten), die Auswirkungen der Taten auf sechs solcher zur Schau gestellten Personen sowie die Etablierung von Denkmustern, die sich mitunter noch heute im Alltagsrassismus spiegeln.

In der Arte Mediathek verfügbar bis 3.6.2022.

Online

„Rottet die Bestien aus!“

Einen Blick tief in das dunkle Herz der Kolonialismus-Geschichte wirft ebenfalls bei Arte die hervorragende Doku-Serie „Rottet die Bestien aus!“. Der Filmessay von Raoul Peck reicht von der „verstörenden Überheblichkeit der Ignoranz“ (Folge 1) bis hin zu den „leuchtenden Farben des Faschismus“ (Folge 4).

In der Arte Mediathek verfügbar bis 31.5.2022.

Filmstill aus "Der lange Weg der Sinti und Roma" © HR
„Der lange Weg der Sinti und Roma“

Auf dem ARD Sendeplatz „Geschichte im Ersten“ wurde am 21.3.2022 „Der lange Weg der Sinti und Roma“ von Adrian Oeser ausgestrahlt – mit sehr positiver Publikumsresonanz. Er illustriert bewegend, aber nie effektheischend, beachtliche Lebenswege. Zu sehen ist Jùlie Halilic, die ihrem Großvater Wallani Georg gedenkt, der mit anderen Bürgerrechtlern darum kämpfte, den Massenmord an den Sinti und Roma 1982 als Völkermord anzuerkennen. Zu Wort kommen auch die Auschwitz-Überlebende Zilli Schmidt oder die Musiker Manolito Steinbach und Romani Weiss. Sie alle zeigen, dass Rassismus gegen Sinti und Roma auch nach 1945 fortdauerte und die Aufarbeitung in vielen gesellschaftlichen Bereichen noch lange nicht abgeschlossen ist.

In der ARD Mediathek verfügbar bis 17.3.2023.

„Angriff von rechts: Wie Demokratiefeinde um Einfluss kämpfen“

Der Film von Patrick Stegemann und Johanna Bentz will untersuchen, welche Schnittmengen es zwischen der Querdenken-Szene, national-patriotischen Initiativen sowie offen rechtsradikalen Bewegungen gibt. Sie zeigen, wie rechte und verschwörungstheoretische Inhalte beispielsweise über digitale Plattformen wie Telegram geteilt werden und zur „Normalisierung des Rechtsradikalismus […] auch in kulturellen und sozialen Milieus […], die bisher damit nichts zu tun gehabt haben“ (Rechtsextremismus-Experte Matthias Quent) beitragen.

In der ZDF Mediathek verfügbar bis zum 28.4.2023.

„Schwarze Musiker und weiße Musik: Wie rassistisch ist die Klassik?“

Wie tief struktureller Rassismus in der Gesellschaft verankert ist, illustriert auch die 3sat Kulturdoku, die den Klassikbetrieb in den Blick nimmt. Dirigent Kevin John Edusei, Cellist Sheku Kanneh-Mason oder Flötist Matthew James Higham sind weiterhin eher die Ausnahme als die Regel – doch woran liegt es, dass People of Color in der Szene, die sich gern weltoffen und divers gibt, augenscheinlich schwerer Fuß fassen können?

In der ZDF Mediathek verfügbar bis 14.05.2022. (Länderbeschränkung Deutschland, Österreich, Schweiz)

„Black Lives Matter – Kampf gegen Rassismus“
Filmstill aus "Black Lives Matter" © ZDF/BBC/Garland McLaurin

Die „Black Lives Matter“-Bewegung hat ihre Wurzeln in den USA, wo Gewalt gegen Schwarze bzw. People of Color bereits zu Todesfällen mehrerer Afroamerikaner führte. Auch in Bereichen wie Bildung, Wohnraum und Strafjustiz ist die Ungleichbehandlung an der Tagesordnung. So ist beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, im Gefängnis zu landen, für Schwarze in den USA fünfmal höher als für Weiße. Die BLM-Proteste entwickelten sich im Sommer 2020 zu einer weltweiten Bewegung. Die Dokumentation will den Kontext für die Wut liefern, die diese Proteste antreibt.

Nur in Deutschland in der ZDF Mediathek verfügbar bis 1.11.2022.

Antisemitismus und „Jud Süß 2.0“

Mittwoch, 6. April 2022

3sat, 20:15 Uhr, „Antisemiten sind immer die anderen“
Filmstill aus "Antisemiten sind immer die anderen" © ZDF/SWR

Die SWR Dokumentation von Uri Schneider fragt: „Nie wieder Judenhass – eine Illusion?“ und kommt zum Ergebnis „Angesichts fast zwei Jahrtausenden institutionalisiertem Judenhass ist dieser Slogan Wunschdenken.“ Nicht nur der „salonfähige“ Judenhass, der sich selbst in der Mitte der Gesellschaft unter schicken neuen Kleidern tarnt und oftmals verleugnet wird, ist ein Problem. Dazu kommt die digitale Hetze, die Narrative u. a. rund um die Rothschild-Verschwörungsmythen bedient, aber auch offen gezeigter Hass wie beim Anschlag auf eine Synagoge in Halle 2019.

In der ARD Mediathek verfügbar bis 25.10.2022.

Dienstag, 12. April 2022

Arte, 20:15 Uhr, „Eine Geschichte des Antisemitismus“ (Erstausstrahlung)

Filmstill aus "Geschichte des Antisemitismus" © Effervescence ProductionsBei der vierteiligen Doku-Serie „Eine Geschichte des Antisemitismus“ ist der Name Programm. In Erstausstrahlung wird ein weiter historischer Bogen gespannt – vom Gang durch das erste Jahrtausend, den Anfängen des Antisemitismus und dem beginnenden Kampf gegen diese Anfeindungen bis hin zur Gegenwart von 1945 bis heute. Alle Teile werden en bloc an einem Abend ausgestrahlt. Ein beachtliches Großprojekt, für das Autor und Regisseur Jonathan Hayoun (u. a. „Rettet Auschwitz!“, 2017) und Koautorin Judith Cohen Solal, klinische Psychologin und Psychoanalytikerin, verantwortlich zeichnen.

Online first: Bereits ab 5. April in der Arte Mediathek verfügbar bis 17.6.2022.

Online

„Jud Süß 2.0“

Seitdem die Pandemie grassiert, ist auch die Anzahl antisemitischer Inhalte in Internet generell und auf Social-Media-Plattformen im Speziellen gestiegen. Dies wiederum führt laut Forscher:innen zu einer Zunahme antisemitisch motivierter Gewalt auch im echten Leben. Der Film mit dem Untertitel „Vom NS- zum Online-Antisemitismus“ dokumentiert die Wurzeln dieses neu aufgestellten Judenhasses.

In der Arte Mediathek verfügbar bis 17.1.2023

Positive Role-Models geben Hoffnung

Dass es auch anders geht und wie mehr Menschlichkeit gelingen kann, sollen die folgenden Doku-Tipps beispielhaft zeigen.

Freitag, 1. April, und Samstag, 2. April 2022

Keine Dokumentation im eigentlichen Sinne, aber Mutmacher sind die meist in Erstausstrahlung gezeigten Filme der Reihe „Einfach Mensch!“. Sie zeigen Menschen wie die an Borderline erkrankte Jennifer Wrona, die ihr Leben trotz psychischer Erkrankung zu meistern versucht (FR, 1.4., 11:45 Uhr, 3sat), oder den körperbehinderten Rául Krauthausen, der sich als Sozialaktivist und scharfer Kritiker der Inklusionspolitik für persönliche Autonomie einsetzt. Er sagt, dass nicht die Behinderung Menschen aus der Gesellschaft ausgrenzen würde, sondern genau andersherum. Und er zeigt Lösungsmöglichkeiten im Diskurs auf (SA, 2.4., 12 Uhr, ZDF).

Dienstag, 12. April 2022

ZDF, 22.15 Uhr, „Don’t Stop the Music“ und weitere Termine (Erstausstrahlung)

Die vierteilige Langzeitdoku mit Comedian und Musiker Bülent Ceylan und den Kindern der Gemeinschaftsschule „Campus Efeuweg“ verdeutlicht, welche positive und verbindende Kraft Musik haben kann. Sie hilft dabei soziale Kompetenz, Selbstbewusstsein und ein zielgerichtetes Lernverhalten aufzubauen. Die teilnehmenden Schüler:innen stammen aus benachteiligten Familien unterschiedlicher Kulturen.

Mittwoch, 13. April 2022

Arte, 22 Uhr, „Projekt Aufklärung“ (Folge 1 von 4)

Filmstill aus "Projekt Aufklärung" © WeltrecorderDie Dokumentationsreihe von Weltrecorder (u. a. „Village X“, „Street Philosophy“) begibt sich auf die Spuren von Wissenschaft und Vernunft, Demokratie und Menschenrechten und versammelt die bedeutenden Aufklärer:innen unserer Zeit. An vier Mittwochabenden geht es, immer um 22 Uhr herum, um die großen Themen der Vergangenheit und Gegenwart: „Wie entsteht eine gerechte Welt?“, „Wie wird Wissen zu Erkenntnis?“, „Wo beginnt Verantwortung?“, „Was bedeutet Freiheit im 21. Jahrhundert?“. Zu erhoffen sind wertvolle Denk-Anstöße und Impulse, die zum Diskurs einladen.

In der Arte Mediathek verfügbar bis 9.10.2022.

Online

Filmstill aus "They call us Ausländerteam" © MDR/Benjamin Kahlmeyer„They call us Ausländerteam“

Die Dokuserie des MDR stellt eine bunt gemischte Fußball-Mannschaft in den Mittelpunkt. Amateur-Kicker aus 12 Nationen kämpfen nicht nur um den Sieg auf dem Platz, sondern auch gegen Rassismus in Ostdeutschland und gelebte Integration.

In der ARD Mediathek verfügbar bis 22.2.2023.

Filmstill aus "Generation F: Zeit für Sportler:innen" © WDR/Awounou Pongratz„Generation F – Zeit für Sportler:innen“

Ebenfalls sportlich wird’s in der Dokuserie „Generation F“ des WDR. In jeder der monatlich erscheinenden Episoden steht eine Sportlerin im Fokus – darunter Weitspringerin Maryse Luzolo, die durch einen Unfall um die Rückkehr in den Spitzensport kämpft, und Schwimmerin Julia Mrozinski, die durch eine Corona-Infektion und psychische Probleme aus der Bahn geworfen wird.

Ein Jahr lang in der ARD Mediathek verfügbar (je nach Erscheinungstermin bis Anfang 2023).

„Zeit für Local Heroes“

Bereits mehrere Staffeln umfasst die Doku-Serie „Zeit für Local Heroes“, der vom Engagement von Lokalpolitiker:innen erzählt. Wie gehen sie mit Anfeindungen um (u. a. „Hass hält sie nicht auf“), was erleben sie im Wahlkampf (u. a. „Alles muss man alleine machen!“) und was setzen sie radikalen Bewegungen entgehen (u. a. „Kein Platz für Nazis“).

In der ARD Mediathek verfügbar bis Ende 2022. Wer es kürzer mag: Es gibt auch den gleichnamigen Dokumentarfilm „Zeit für Local Heroes“, der in gut einer Stunde etliche der Highlights komprimiert.

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Elisa Reznicek
Elisa Reznicek leitet die Online-Redaktion beim Haus des Dokumentarfilms und ist für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Hauses zuständig.
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