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So war die DOK Premiere »M. C. Escher – Reise in die Unendlichkeit«

Nahezu ausverkauft war wieder die DOK Premiere des holländischen Regisseurs Robin Lutz, der für das Filmgespräch extra aus Den Haag angereist war. Die Bilder von Escher kennen viele und sind fasziniert davon, wie er unmögliche Tricks mit realistischen Elementen verbindet. Doch die Person dahinter und seine Lebensgeschichte kennen die Wenigsten. Dies war auch die Motivation des Regisseurs, überhaupt einen Film über Escher zu machen.

Der selbst hatte geschrieben: »Es fürchte, es gibt nur eine Person, die einen guten Film über meine Drucke machen kann: ich selbst.« Der Regisseur Robin Lutz, der bereits zahlreiche Filme zu Künstlern gemacht hat, folgt im Grunde dieser Idee, indem er Eschers Bilder zeigt und sich – abgesehen von wenigen Interviews – auf Zitate von Escher konzentriert. Sie stammen aus Tagebüchern, Briefen und Artikeln und daraus hat er zusammen mit seiner Koautorin Marijnke de Jong den Text für den Film kondensiert. Dafür erschlossen sie erstmals rund 2.000 Briefe, die in verschiedenen Archiven verstreut waren und ordneten sie chronologisch – dies allein dauerte ein Jahr Recherche. Die Auswahl der Zitate war für die beiden dann ein schmerzlicher Prozess, da sie jeweils eine andere Perspektive hatten und sich da etwas gerieben haben, welche Zitate es in den Film schaffen. Aber es war eine fruchtvolle Auseinandersetzung und das Ergebnis überzeugt vollständig. Diese Zitate wurden das Gerüst für den Film, der chronologisch der Biografie von Escher folgt. Sie hatten es auch anderes versucht, aber dies war verwirrend und man habe als Zuschauer die Orientierung verloren. Die geben nun die Stationen seines Lebens, die durchaus dramatische Momente beinhalten. Anhand der Familiengeschichte entfaltet sich ein Stück weit auch die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Kein Problem war die Zusammenarbeit mit der Escher-Stiftung, die die Genehmigung für die Nutzung seiner Kunstwerke geben musste. Auch zwei der drei Söhne waren gern bereit mitzuarbeiten und sich interviewen zu lassen; für den Dritten wäre dies selbst 40 Jahre nach dem Tod des Vaters zu schmerzhaft gewesen. Schwieriger war die Finanzierung, da das niederländische Fernsehen nur mit einem Minimalbetrag einstieg, obwohl Escher zu den international wichtigsten Künstlern Hollands gehört. Rettung kam dabei von verschiedenen Stiftungen und im Nachhinein die internationalen Verkäufe. Eine besondere Herausforderung war es, in Italien genau die Stellen zu finden, von denen Escher in seiner Frühphase in den 1920er Jahren seine Motive gezeichnet hat. Dies ist Robin Lutz hervorragend gelungen und auch die Übergänge beispielsweise von seinen Zeichnungen oder historischem Material zu aktuell gedrehtem hat Lutz sehr überzeugend gestaltet. In Erinnerung bleibt die visuelle Umsetzung einer Beschreibung des Besuchs eines Orgelkonzerts von Escher, bei der sich für ihn die Kirche anfängt zu bewegen. Durch animierte Sequenzen der Kunstwerke von Escher bekommen sie ein neues Leben. Eine wichtige Komponente ist die oft klassische Musik des Films, die die starken Bilder emotional unterstützt. Zum Teil greift sie Lieblingsstücke von Escher auf, zum Teil unterstützt sie die Bilder mit landestypischen Tönen. Sehr intensiv wurde am Sound-Design gearbeitet, das die verschiedenen Elemente zusammenführt. So entstand ein kongeniales Porträt des Künstlers M. C. Escher, das selbst ein beeindruckendes Kunstwerk geworden ist, wie es ein Zuschauer formulierte.    

Der Film lief mit rund 20.000 Zuschauern sehr erfolgreich im Kino in Holland, wurde dort beim Netherlands Filmfestival mit einem Crystal Film ausgezeichnet. Beim Kunstfilmfestival in Montreal gewann den Preis als Bestes Porträt. Ob nun in Japan, Korea, Griechenland oder Italien, »M. C. Escher – Reise in die Unendlichkeit« wurde überall enthusiastisch aufgenommen, wie Lutz von seiner Kinotour berichten konnte. Auch in Deutschland startete der Film vielversprechend und landete bei den Arthaus-Kinos in den Top Ten. Denn Escher ist bis heute populär und beeinflusst andere Künstler, sich mit diesen Motiven auseinanderzusetzen, ob nun als Straßenmaler, Regisseur, Performer, im Theater oder durch immer neue Variationen seiner Bilder. Escher lebt!


Titelbild: Robin Lutz bei seinem Vortrag während der DOK Premiere      

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Kay Hoffmann
Dr. Kay Hoffmann war langjähriger Studienleiter Wissenschaft im HDF und Gesamtkoordinator des DFG-Projekts „Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1945-2005“. Zusätzlich ist er seit langem Kurator der DOK Premieren in Ludwigsburg.
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