Montage mit Szenen aus »Beuys«, »Happy«, »Eingeimpft« und Logo Deutscher Filmpreis © HDF, zero one, CORSO, Lichtblick, Deutscher Filmpreis

Lolas 2018: 14 Dokus nominiert – darunter Überraschendes

Ende April 2018 wird wieder der Deutsche Filmpreis vergeben – die mit knapp drei Millionen Euros dotierten »Lolas«. Die elfköpfige Jury für die Sparte Dokumentarfilm ist mit der Vornominierung bereits fertig: 14 Dokumentarfilme wurden aufgerufen. Darunter befinden sich ebenso »sichere Kandidaten« wie einige Überraschungen.

Dass die »Lolas« – zumindest im dokumentarischen Bereich und eindeutig anders als bei den »Oscars« – nicht zwingend an Einspielergebnissen ausgerichtet sind, ergibt sich von alleine. Die meisten Dokumentarfilme, die heute im Kino laufen (und das ist für die Nominierung eine Grundvoraussetzug), erzielen heute keine wirklich nennenswerten Ergebnisse. Auf diese Kinokrise des Dokumentarfilms hat die Deutsche Filmakademie, die den Preis vergibt, bereits reagiert: Bei Dokumentarfilmen wird die Voraussetzung zur Nominierung nicht in Kinowochen, sondern in Tageseinsätzen gerechnet. 35 Mal in deutschen Kinos, das ist die Voraussetzung. Von Einspielergebnissen redet man da besser nicht.

Umso wichtiger ist für viele Produktionen, doch einmal wenigstens unter die drei nominierten Filme zu kommen. Das sichert nämlich 100.000 Euro Preisgeld, das im Falle eines Sieges verdoppelt wird. Die beiden Kandidaten, die leer ausgehen, nehmen die 100.000 Euro mit. Das ist mitunter weit mehr, als der Film, so gut er auch sein möge, überhaupt einspielt (aber auch weit weniger, als ein »großer« Dokumentarfilm heute kostet). Übrigens: Nicht wundern, dass sich im Feld der nominierten Filme zum Beispiel auch »Eingeimpft« befindet, wo doch der Film erst im April 2018 in die Kinos kommen wird. Das ist laut Reglement zulässig – und die Jury (darunter erfahrene Filmemacher wie Pepe Danquart und Gunter Hanfgarn) konnten diesen wie alle anderen Filme auf der großen Leinwand (vorab) sichten.

So viel zur Situation des Dokumentarfilms, die auch durch eine »glamouröse Gala« (PR-Text Deutsche Filmakademie) nicht wesentlich verbessert wird. Aber das kann man den Preisstiftern natürlich nicht ankreiden. Schön ist es, dass es die »Lolas« gibt, die vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (derzeit Staatsministerin Prof. Monika Grütters) vergeben werden. Ohne diesen Preis, würde es noch schwieriger, große Produktionen zu stemmen. In 2017 gewann übrigens »Cahier africain« von Heidi Specogna. Nominiert waren auch »Berlin Rebel High School« und »No Land’s Song«.

Die 14 nominierten Dokumentarfilme für 2018

Unter den 14 vornominierten Filme – die Endauswahl wird bis zum 15. März 2018 auf drei verengt – befinden sich »große Namen« wie Andres Veiel, Arne Birkenstock oder David Sieveking, die alle mit ihren jüngsten Werken auf der Liste stehen. Auch der von Heino Deckert produzierte Ai-Weiwei-Film »Human Flow«, der es auch bei den »Oscars« zur Vornominierung geschaft hat, kann auf eine »Lola« hoffen. Und dann findet sich im Feld noch eine echte Aussenseiter-Produktion, die dann allerdings wirklich alles aufweist, was ansonsten so zu einem sicheren Preiskandidaten gehören würde – nämlich Erfolg an der Kinokasse und eine innovative Geschichte.

Die Rede ist von »Weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt«, dem absoluten Überraschungs-Dokumentarfilm des Jahres. Das von Gwendolin Weisser und Patrick Allgaier gemeinsam produzierte, gedrehte und vermarktete Road-Reise-Movie hat es bis dato auf mehr als 330.000 Zuschauer in den deutschen Kinos gebracht und mehr als 2,5 Millionen Euro eingespielt. Ein Ergebnis – wenn auch weit von beispielsweise »Fack Ju Güthe 3« (derzeit 50 Millionen Einspielergebnis) entfernt – das weit über dem Ergebnis von anderen Dokumentarfilmen liegt. Das gibt dem Aussenseiterkandidaten dann doch wieder gewaltige Aussenseiterchancen…

Das Rennen um die »Lolas« jedenfalls dürfte spannend werden. Hier sind alle 14 vornominierten Filme:

Als Paul über das Meer kam – Tagebuch einer Begegnung

Produzent/in: Jonas Weydemann, Jakob Weydemann
Produktionsfirma: Weydemann Bros.
Regie: Jakob Preuss
Drehbuch: Jakob Preuss

Beuys

Produzent/in: Thomas Kufus
Produktionsfirma: zero one film
Regie: Andres Veiel
Drehbuch: Andres Veiel

Eingeimpft

Produzent/in: Martin Heisler, Carl Ludwig Rettinger
Produktionsfirma: Flare Film, Lichtblick Film- und Fernsehproduktion
Regie: David Sieveking
Drehbuch: David Sieveking

Fighter

Produzent/in: Erik Winker, Martin Roelly
Produktionsfirma: CORSO Film – und Fernsehproduktion
Regie: Susanne Binninger
Drehbuch: Susanne Binninger

Happy

Produzent/in: Erik Winker, Martin Roelly
Produktionsfirma: CORSO Film – und Fernsehproduktion
Regie: Carolin Genreith
Drehbuch: Carolin Genreith

Human Flow

Produzent/in: Heino Deckert , Ai Weiwei, Chin Chin Yap
Produktionsfirma: Human Flow UG
Regie: Ai Weiwei
Drehbuch: Ai Weiwei

I Had Nowhere To Go

Produzent/in: Sigrid Hoerner, Zeynep Yücel, Douglas Gordon
Produktionsfirma: moneypenny filmproduktion, olddognewtricks
Regie: Douglas Gordon
Drehbuch: Douglas Gordon, Ninon Liotet

Das Kongo Tribunal

Produzent/in: Arne Birkenstock
Produktionsfirma: Fruitmarket GmbH
Regie: Milo Rau
Drehbuch: Milo Rau

National Bird

Produzent/in: Sonia Kennebeck, Ines Hofmann Kanna
Produktionsfirma: Ten Forward Films
Regie: Sonia Kennebeck
Drehbuch: Sonia Kennebeck

System Error

Produzent/in: Jan Krüger, Florian Opitz
Produktionsfirma: Port au Prince Film
Regie: Florian Opitz
Drehbuch: Florian Opitz

Taste of Cement

Produzent/in: Ansgar Frerich, Eva Kemme, Tobias N. Siebert
Produktionsfirma: BASIS BERLIN Filmproduktion, Bidayyat for Audiovisual Arts
Regie: Ziad Kalthoum
Drehbuch: Ziad Kalthoum, Ansgar Frerich, Talal Khoury

Weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt

Produzent/in: Gwendolin Weisser, Patrick Allgaier
Produktionsfirma: Weit GbR
Regie: Gwendolin Weisser, Patrick Allgaier
Drehbuch: Gwendolin Weisser, Patrick Allgaier

Wenn Gott schläft

Produzent/in: Till Schauder, Sara Nodjoumi
Produktionsfirma: Till Schauder Filmproduktion
Regie: Till Schauder
Drehbuch: Till Schauder

Zwischen den Stühlen

Produzent/in: Marie-Luise Scharf, Jakob Schmidt
Produktionsfirma: Schmidt&Scharf Filmproduktion
Regie: Jakob Schmidt
Drehbuch: Jakob Schmidt

 

Titelfoto: Montage mit Szenen aus »Beuys«, »Happy«, »Eingeimpft« und Logo Deutscher Filmpreis © HDF, zero one, CORSO, Lichtblick, Deutscher Filmpreis

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Thomas Schneider
„Ich liebe Print, ich liebe Online, ich liebe es, das Beste zwischen beiden Welten zu vereinen“, sagte Thomas Schneider über seine Arbeit. Ab 2009 war er für das HDF im Bereich Redaktion sowie PR/Marketing tätig. 2019 verstarb Schneider überraschend und viel zu früh.
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